Vereinsgeschichte

Der Verein wird gegründet

(Der Text ist der Festschrift anlässlich unserer 100-Jahr-Feier entnommen)

Die organisierte Förderung des Obstbaus reicht weit ins

19. Jahrhundert zurück. So waren in den Bezirken Schongau und Weilheim bereits die Obstbausektionen der landwirtschaftlichen Bezirksvereine Schongau und Weilheim aktiv.

 

Die Gründung der Bezirksobstbauverbände sowie der Obstbauvereine in möglichst vielen Orten war eine staatliche Zielsetzung, mit der man einerseits die große Einfuhr von Obst verringern, andererseits die bessere und ausgeglichenere Ernährung der Bevölkerung sichern wollte. Mit der Gründung der Bezirksobstbauverbände endete die Tätigkeit der Obstbausektionen. Im Zuge dieser Aufbruchsstimmung erfolgte auch die Gründung des Peißenberger Vereins.

 

So trafen sich am Sonntag, dem 4. September 1904 Peißenberger Obstgartenbesitzer um 14 Uhr im Gasthaus „Zur Post". Grund war ein Aufruf des Bürgermeisters Ulrich Schwaller, der sich seinerseits auf ein vom 14. Juli 1904 datiertes Schreiben des landwirtschaftlichen Bezirksvereins Weilheim an die Gemeinde Unterpeißenberg bezog. Der Obstbau sollte gefördert und Voraussetzungen für eine gute heimische Obsternte geschaffen werden. Gleich bei diesem ersten Treffen wurde der Verein

aus der Taufe gehoben. Man beschloss einen Jahresbeitrag von
1 Mark, verschob aber die Wahl eines Vorstandes auf den 6. September 1904, weil Pfarrer Andreas Hoy an diesem Sonntag nicht anwesend war.

Am Dienstag, dem 6. September 1904, wählte man die Vorstandschaft: Zum ersten Vorsitzenden wurde Pfarrer Hoy, zu seinem Stellvertreter Ulrich Schwaller bestimmt. Als Kassier fungierte Xaver Liebl, als Schriftführer Josef Seitz. Peter Hofer und Ludwig Franz wurden als Ausschussmitglieder eingesetzt.

 

Die erste Hauptversammlung des Vereins fand am 15. Januar 1905 statt, die Zahl der Mitglieder war bereits auf 50 angewachsen. Bei den in der Folgezeit stattfindenden Treffen ging es ausschließlich um den Obstanbau.

 

Bei der Hauptversammlung am 2. März 1913 erfolgte die Namensänderung des Vereins in „Obst- und Gartenbauverein Peißenberg-Ammerhöfe". Im gleichen Jahr gab es eine kleine lokale Obst- und Gemüseschau. Die Mitgliederzahl war inzwischen auf stattliche 112 Personen angestiegen.


1. Weltkrieg und danach

Die kommenden Jahre brachten den 1. Weltkrieg, Inflation und Arbeitslosigkeit, so dass auch hier auf dem Land die Not spürbar war und die Eigenversorgung mit Obst und Gemüse eine große Rolle spielte. Der Verein trug dieser Entwicklung Rechnung und nahm sich auch des Gemüsebaus intensiver an. Am 9. März 1922 wurde Gärtnermeister Ludwig Ferchl erstmals zum Vorstand gewählt - er sollte sein Amt bis 1943 ausüben.

 

Ziel war, die neuen Pflanzenschutzmittel bekannt zu machen, Schnitt- und Pflanzkurse zu veranstalten und sich an Obstausstellungen in Peißenberg und Umgebung zu beteiligen. Seit 1920 stand Siegmund Auer aus Weilheim als Fachberater zur Seite.

Interessant: Am 26. August 1923, also auf dem Höhepunkt der Inflationszeit, setzte man den Halbjahresbeitrag auf 20 000 Mark fest - nach der Geldumstellung betrug er wieder 1 Mark. Obwohl es schon 1913 Überlegungen zu einer Obstpresse gegeben hatte, konnte erst

im Jahr 1924 eine Keltereinrichtung angeschafft werden, die zunächst noch im Salzstadel betrieben wurde, ehe sie 1927 ins Anwesen Bartl Krötz umzog. 1938 entstand in der Bachstraße der erste Teil des heutigen Presshauses. Eintragungen verzeichnen eine Ausbeute von 2773 Litern Saft aus 74,43 Zentnern Obst.


1933 bis 1945

Mit Beginn des Dritten Reiches änderte sich das Vereinsleben. 1934 wurden die Mitglieder zu „Erzeugungsschlachten" aufgerufen, seit 1936 waren die Gartenbauvereine dem „Reichsnährstand" angegliedert. Die Vorstände wurden nun nicht mehr gewählt, sondern bestellt. Die Gartenbesitzer waren verpflichtet, die Obstbäume zu pflegen und die Schädlingsbekämpfung musste überwacht werden. Herr Auer war unermüdlich aufklärend tätig. Es wurden immer wieder Blütenschauen veranstaltet und Neuanlagen von Obstpflanzungen vorbereitet (u.a. 1942/43 bei Peter Höck, Böbinger Straße). Die Förderung des Gemüsebaus fand ihren Ausdruck in Mustergärten, einer davon entstand bei Ludwig Sendl, Forster Straße.

Die Nachfolge von Ludwig Ferchl als Vorstand trat 1943 Peter Hofer an. Die Notzeit während und nach dem 2. Weltkrieg hat die Vereinstätigkeit stark beeinträchtigt. Es gab nur gelegentlich Dünger für die Hausgärten, das Saatgut war Mangelware, Ersatzteile für Spritzgeräte oder für die Obstpresse gab es kaum noch. Neue Obstbäume konnten die Bergleute erstmals 1946/47 über das Bergwerk beziehen. Der Mitgliederstand zur damaligen Zeit war außerordentlich hoch: Er betrug zeitweilig über 700 Personen.


1945 bis 1968

Langsam stieg der Wohlstand der Bevölkerung wieder an und das Interesse am intensiven Obst- und Gemüseanbau ließ entsprechend nach. Es begann die Zeit der Nadelgehölze im Ziergarten, der gepflegte Rasen, gezirkelte Blumenbeete galten als hobbygärtnerisches Ideal und besonders der Gemüseanbau verlor wieder an Bedeutung. Mit weniger Arbeitsaufwand als früher erzielte man durch den Einsatz von viel Dünger und viel Spritzmitteln reiche Ernten, an Gesundheits- oder gar Umweltschäden dachten damals aber die wenigsten. Der Verein bemühte sich, mit der modernen Entwicklung Schritt zu halten und verlegte sich u.a. auf die fast jährliche Durchführung von Blumenschmuckwettbewerben, die allgemein großen Anklang fanden und sogar von der Gemeinde gefördert wurden.

Das Interesse an der Obstverwertung war so groß geblieben, dass man 1951 den zweiten Teil des Presshauses baute, um die Anlage zu modernisieren. Diese Obstpresse tat dann bis 1983 ihren Dienst.

Am 17. März 1957 wurde Josef Dietrich zum neuen Vorstand gewählt. Er blieb bis 1968 im Amt. Bereits seit dem Jahr 1956 war Bernhard Zenz als neuer Fachberater tätig. Kurse, Vorträge, Informationsfahrten waren die Hauptschwerpunkte der folgenden Jahre. Jetzt machte sich aber auch zunehmend ein Problem für den Verein und den ganzen Ort bemerkbar: das Alter der amtierenden Baumwarte. Diese Männer pflegten für wenig Geld die Bäume interessierter Mitglieder. Der erste Baumwart war bereits 1910 bestellt worden, seine Ausbildung war bezuschusst. Obwohl der Verein immer wieder auf die Notwendigkeit von Baumwarten hingewiesen hat, fand sich niemand bereit, die Aufgabe zu übernehmen - leider hat sich daran bis zum heutigen Tag nichts geändert, obwohl die Ausbildungskosten übernommen würden. Die Auswirkungen dieser bedauerlichen Entwicklung sieht man, wenn man mit offenen Augen durch Peißenberg geht, am teilweise erschreckenden Erscheinungsbild der Bäume, auch der Obstbäume, deren Ertrag durch unfachmännischen Schnitt unter den Erwartungen bleiben muss.


Die "Ära Raab"

Bei den 1968 anstehenden Neuwahlen gab es erneut eine Veränderung an der Vereinsspitze. Mit der Berufung von Wilfried Raab bekam der Verein wieder einen ausgebildeten Gartenfachmann als Vorstand, sein Stellvertreter wurde Karl Welzmüller. Raab führte regelmäßige Treffen ein und gab sein großes Fachwissen an die Interessenten weiter, bot Kurse und Vorträge an, führte Informationsfahrten zu lohnenden Zielen durch. Seit Beginn seiner Amtszeit ermöglicht er über den Gartenbauverein den Besuch nahezu aller Landesgartenschauen, organisiert Stadtführungen, Ausflüge und vieles mehr.

Im Trend der Zeit wurde 1985 ein Komposthäcksler angeschafft, der an die Mitglieder ausgeliehen wurde. Leider zeigte sich, dass das Gerät offenbar nicht immer sachgemäß betrieben wurde. Die dadurch entstandenen hohen Reparaturkosten veranlassten den Verein letztlich dazu, das „Unternehmen Häcksler" wieder aufzugeben.

Seit 1986 ist der Verein vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannt.

Ab 1987 war der Gartenbauverein nahezu jedes Jahr mit einem stets anders gestalteten Festwagen bei der Leonhardifahrt vertreten. An den letzten Hobbyausstellungen der VHS beteiligte sich der Verein mit großem Erfolg, ebenso an den Erntedankausstellungen des Kreisverbandes in Weilheim.

1983 schaffte man die derzeit betriebene Obstpressanlage an, die 1997 durch die Erhitzungs- und Abfüllanlage ergänzt wurde. Das Interesse an dieser modernen Form der Saftgewinnung ist groß.

 

Der Gartenbauverein konnte in den vergangenen Jahren den Gartenbesitzern neue Erkenntnisse vermitteln. Man bemühte sich, durch umfassende Aufklärung den Einsatz von Chemie im Hausgarten zu reduzieren und ökologisch sinnvolles und verträgliches Gärtnern zu erklären. Die Erkenntnisse über das Düngeverhalten hatten sich im Lauf der Zeit geändert und man versuchte, in einem breit gefächerten Angebot von Vorträgen und Kursen Mitgliedern und Nichtmitgliedern Hilfestellung anzubieten

1993 wurde der Bezug der Fachzeitschrift „Der praktische Gartenratgeber" als obligatorisch eingeführt, um alle Mitglieder über die neuesten Entwicklungen informieren zu können.

Im Jahr 1997 veröffentlichte der Gartenbauverein unter dem Titel „...gehn wir in den Garten, schütteln wir die Birn" eine Rezeptsammlung. Peißenberger Familien verrieten schmackhafte Rezepte, Inge Ferchl und Evi Sedlmayr brachten sie zu Papier. Bis heute wurden etwa 2000 Exemplare verkauft, sogar der Bayerische Rundfunk hatte sich in einer Sendung für das Buch interessiert.

Im Jahr 1999 übernahm der Gartenbauverein die Patenschaft für den Pfarrgarten St. Johann. Die Erneuerung und Pflege erforderten von den Vereinsmitgliedern außerordentlich viele ehrenamtliche Arbeitseinsätze und auch finanzielle Aufwendungen.

Der Garten, so wie er sich jetzt präsentiert, ist ein Schmuckstück für Peißenberg - dies wurde besonders beim „Tag der offenen Gartentüre" in den Jahren 2000 und 2002 durch das große Publikumsinteresse bestätigt.

Unser Kassier Josef Bauer sorgte im Jahr 2001 dafür, dass der Gartenbauverein Peißenberg als einer der ersten in ganz Bayern im Internet präsent ist.

Die übersichtliche und informative Homepage ist erreichbar unter:

https://www.garten-peissenberg.de

Schauen Sie doch einfach mal rein.

 

Wilfried Raab leitete den Verein 36 Jahre als 1. Vorsitzender. Er wurde 2005 zum Ehrenvorsitzenden ernannt. Vom Landesverband wurde ihm die Goldene Rose für seine Verdienste überreicht.

Am 23.02.2005 legte er sein Amt als 1. Vorsitzender nieder.


2005 bis 2021

Am 23.02.2005 wurde Matthias Hett zum 1. Vorsitzenden gewählt.

Unter der Leitung von Matthias Hett erhielt die Vereinssatzung eine neue und zeitgemäße Fassung. Die Miet-/Pachtverträge mit der Pfarrpfründestiftung St. Johann Baptist und den Untermietverträgen „Grünes Klassenzimmer“, Grundschule St. Johann / Markt Peißenberg und dem örtlichen Bienenzuchtverein mit deren „Lehrbienenstand“ wurden rechtlich/vertraglich gut und sicher mit allen Vertragspartnern für die Zukunft abgeschlossen.

 

Auch der Aufbau und der stete Fortbestand der neu gegründeten Kindergruppe „Peißenberger Gartenzwerge“ fällt in seine Amtszeit. Seit einigen Jahren gibt es nun auch Ehrungen für 25-jährige und 40-jährige Vereinsmitgliedschaft.

 

Zur Unterstützung der ehrenamtlichen Helfer, die den Pfarrgarten pflegen und zu einem Schmuckstück für Peißenberg gestalten, wurden 2mal im Jahr „Helfertage“ eingeführt, wo sich jeder daran beteiligen kann, dass unser Lehrgarten herzeigbar bleibt.

Am 17.09.2021 legte Matthias Hett sein Amt als 1. Vorsitzender nieder. Reinhard Endres wurde zu seinem Nachfolger gewählt.